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Otto Bauer, Bürgermeister von Radeberg von 1895 bis 1916
Otto Bauer, Bürgermeister von Radeberg von 1895 bis 1916
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Otto Bauer, Bürgermeister von Radeberg von 1895 bis 1916

Im Rahmen des Jubiläums „800 Jahre Ersterwähnung Radeberg" im Jahr 2019 sind auch einige Persönlichkeiten unserer Stadt näher vorgestellt werden, über die bisher wenig bekannt war und ist. Dazu gehört auch Otto Bauer, den wir in unsere "Wikipedia-Liste der Bürgermeister der Stadt Radeberg" aufgenommen haben und die auch auf dieser Website enthalten ist. Bauer wurde zwar zum Namensgeber unserer „Otto-Bauer-Straße“ und damit hoch geehrt, über ihn weiß jedoch heute kaum noch ein Radeberger etwas Genaueres. Zumeist nur, dass er einer der früheren Bürgermeister unserer Stadt war, aber: Wer war er? Woher kam er? Was hat er geleistet? 

 

Paul Eduin Otto Bauer ist am 18. August 1850 in Zwickau geboren worden. Er war der Sohn des aus Walda bei Großenhain stammenden Pfarrers Dr. phil. Aurel Reinhard Eduin Bauer und dessen erster Ehefrau Amalie Auguste geb. Heider. Vater Eduin Bauer war zunächst Pfarrer der liberal geprägten deutschkatholischen Bewegung in Dresden, arbeitete dann in Zwickau als „Gymnasial-Oberlehrer der exacten Wissenschaften“ und wurde schließlich evangelischer Pfarrer in mehreren sächsischen Gemeinden.

Sein Sohn Otto Bauer war nach seiner schulischen Ausbildung ab 1873 Referendar beim Stadtrat Leipzig. Er war verheiratet mit Ida Mathilde geb. Börner aus Radeberg. Das Ehepaar hatte eine Tochter. 

Nach seiner Leipziger Referendarzeit ging Bauer 1876 nach Burgstädt und übernahm dort das Amt des Bürgermeisters, das er 18 Jahre, bis 1893, innehatte. Im gleichen Jahr wechselte er nach Ronneburg/Thüringen und übernahm dort das Bürgermeisteramt. Von Ronneburg aus kam Bauer am 2. Oktober 1895 nach Radeberg, um das Bürgermeisteramt von dem aus Altersgründen ausscheidenden, seit 1873 amtierenden Bürgermeister August Max Rumpelt zu übernehmen, der anlässlich der Amtsübergabe für seine Verdienste um die Stadt zum Ehrenbürger ernannt wurde. Die feierliche Verpflichtung und Einweisung Bauers erfolgte am 3. Oktober 1895 durch den „Königlichen Herrn Kreishauptmann zu Dresden“. Bauer hatte das Bürgermeisteramt bis zu seinem Tode am 23. Oktober 1916, kurz vor seinem Ruhestand, inne.

Bauers Amtszeit in Radeberg lag in der Hochkonjunktur der weiteren Entwicklung Radebergs zu einer bedeutenden Industriestadt im Königreich Sachsen Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Einwohnerzahl stieg während seiner Amtszeit von 10.300 (1896) auf etwa 14.500 (1916) an und brachte für ihn und alle Stadträte Radebergs viele Herausforderungen mit sich, angefangen vom Wohnungsbau, Schulneubau, Straßenausbau. Bürgermeister Bauers straffe und korrekte Amtsführung und seine Kreativität wirkten sich auf alle Gebiete der Stadtentwicklung aus

Realschule / Gymnasium Radeberg auf dem Freudenberg, 1912 eingeweiht
Realschule / Gymnasium Radeberg auf dem Freudenberg, 1912 eingeweiht

Unter seiner Führung entwickelte sich insbesondere die Glasindustrie als der tragende Radeberger Industriezweig weiter und in dessen Folge der Wohnungsbau, sowie 1898 der Neubau der Knabenschule (heute Pestalozzischule – Oberschule) und 1905 die Erweiterung der Mädchenschule (heute Grundschule Stadtmitte). Der Neubau der „Realschule mit Progymnasium“ 1912 (Humboldt-Gymnasium) war auch für den Großraum Radeberg als Einzugsgebiet bedeutsam. Als Folge dieser Entwicklung Radebergs zu einem Zentrum der Arbeiterschaft wurde auch der Neubau eines Städtischen Krankenhauses erforderlich, das 1906 übergeben worden ist. 

Das 1906 eingeweihte Krankenhaus Radeberg
Das 1906 eingeweihte Krankenhaus Radeberg

In Bauers Amtszeit entstand die erste Radeberger Turnhalle mit angeschlossenem Sportplatz für den Schul-, Arbeiter- und Vereinssport. Das neue Kaiserliche Postamt ist 1896 eingeweiht worden, das neue Bahnhofsgebäude 1898. Straßenbau und -Modernisierung, z. B. durch Beschleusung und Wasserleitungsbau einschließlich Kanalisation, sowie das Anlegen von Fußwegen, erhöhten die Attraktivität Radebergs als Wohn- und Arbeitsort für den Großraum. Auch der Neubau der Hospitalbrücke (Dresdner Straße) 1899 als eine der wichtigsten Verkehrsadern über die Große Röder wurde durch ihn forciert. Radebergs Entwicklung explodierte in dieser Zeit regelrecht.

Königlich Sächsisches Feuerwerks-Laboratorium Radeberg um 1918
Königlich Sächsisches Feuerwerks-Laboratorium Radeberg um 1918

Otto Bauer initiierte ebenfalls den 1915 begonnenen Bau des „Königlich Sächsischen Feuerwerkslaboratoriums Radeberg“ (später Sachsenwerk / Rafena / Robotron), indem der Stadtrat das Gelände des ehemaligen Artillerie-Übungsplatzes, unmittelbar südlich der Bahnstrecke Görlitz–Dresden, einschließlich zugekaufter Grundstücke, im Mai 1915 der Feldzeugmeisterei Dresden zum Kauf durch die Reichsfinanzverwaltung anbot, um dort die neue Fabrik errichten zu können. Der inzwischen gleichzeitig weit fortgeschrittene Straßenbau und der zugesicherte direkte Eisenbahnanschluss in das geplante werkseigene Bahn-Netz, forcierten schließlich den Bau dieses Großbetriebes, in dem außer bis zu 1.500 Bauarbeiter später zeitweise bis zu 5.000 Menschen beschäftigt waren. Als Folge dieses Baues entwickelte sich auch der städtische Wohnungsbau. Dabei wurde auch die neue Form des genossenschaftlichen Wohnungsbaus im Süden Radebergs, unter maßgeblicher Regie des Stadtrates Ernst Braune, zum Grundstein für die Entstehung der „Radeberger Süd-Vorstadt“ als Wohnstandort.

Aber Otto Bauer wirkte auch überregional weitsichtig und engagiert, um Radeberg als Industriestandort im Königreich Sachsen weiter aufzuwerten und interessant zu machen. Gemeinsam mit den beiden Abgeordneten im Königlich-Sächsischen Landtag, dem Radeberger Kaufmann Georg Knobloch und dem Arnsdorfer Gutsbesitzer Clemens Träber sowie mit dem Radeberger Stadtrat, versuchte Bauer über mehrere Jahre und mittels einer 1897 eingereichten Petition an den Landtag, den Neubau einer Vollspur-Eisenbahn-Linie von Arnsdorf über Radeberg und Radeburg nach Großenhain (sogenannte Nord-Ost-Bahn zur Erschließung des Rödertales mit 63 Gemeinden und etwa 50.000 Einwohnern) zu planen und einzuordnen. Mit Beginn des Ersten Weltkrieges wurde dieses Thema jedoch gegenstandslos. 

Für die Gesamtheit seiner Verdienste als Bürgermeister dreier Städte und zum Wohle Sachsens ist Otto Bauer vom Sächsischen König Friedrich August III. vor 1910 der Albrechts-Orden in der Klasse „Ritter I. Klasse des Albrechts-Ordens“ verliehen worden.

Aufgrund der großen Verdienste Bauers um die Stadtentwicklung wurde er im Jahre 1900 vom Stadtrat zum „Bürgermeister auf Lebenszeit“ gewählt.

Man kann auch heute noch, bei Durchsicht seiner Akten der Stadtratssitzungen und Einsicht in die vielen Protokolle für den Bau der Radeberger Großobjekte, durchaus einschätzen: Er hat in seiner Amtszeit Großes für die Stadt vollbracht und Großes mit seinen Stadträten geleistet, das wert ist, in Erinnerung behalten zu werden. Denn all die Bauwerke dieser Zeit prägen heute immer noch unser Stadtbild.

Otto Bauer verstarb am 23. Oktober 1916 im Stadtkrankenhaus Radeberg, kurz vor Eintritt in seinen Ruhestand.

 

In Radeberg wurde um 1930 der nördliche Teil der ehemaligen „Langen Straße“ in „Otto-Bauer-Straße“ umbenannt.

 

 

 

©Renate Schönfuß-Krause

Februar 2020