Die größte evangelische Auswanderungsbewegung Sächsischer Altlutheraner nach Missouri, unter Führung des Geistlichen Martin Stephan, wurde Ausgangspunkt für die Gründung der heute zweitgrößten Kirche Amerikas durch Pfarrer C. F. W. Walther, der
„Lutheran Church - Missouri Synod“.
Hier die Lese-Version der ausführlichen Fassung unter dem Titel:
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© E. Reinhold Verlag Altenburg
Teil I: "Altenburger Geschichts- und Hauskalender 2018" S. 116 ff.
Teil II: "Altenburger Geschichts- und Hauskalender 2019" S. 126 ff.
Teil III: "Altenburger Geschichts- und Hauskalender 2020" S. 111 ff.
"Nur-Text-Fassung" vom September 2018 zur wohl größten und spektakulärsten, religiös motivierten Auswanderungsbewegungen nach Nordamerika 1838 unter Führung des Geistlichen Martin Stephan. Diese wurde zum Ausgangspunkt für die Gründung der heute zweitgrößten Kirche Amerikas durch Pfarrer C. F. W. Walther, der
„Lutheran Church - Missouri Synod“.
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Neuer, im Januar 2018 erarbeiteter und mit neuesten Forschungsergebnissen sowie umfangreichem Bildmaterial erweiterter Beitrag zu einer der wohl größten und spektakulärsten, religiös motivierten Auswanderungsbewegungen nach Nordamerika unter Führung von Martin Stephan.
Als im Oktober 1838 von Dresden aus 665 Lutheraner eine der wohl größten und
spektakulärsten, religiös motivierten Auswanderungsbewegungen nach Nordamerika antraten, ahnte wohl keiner, dass diese Bewegung der sogenannten „Stephanianer“ Ausgangspunkt für die heute zweitgrößte lutherische Kirche der USA werden sollte, die „Lutheran Church - Missouri Synod“, mit 2,4 Mio. Mitgliedern.
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Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in:
"Zwischen Großer Röder und Kleiner Spree" Heft 10, 2018. Museum der Westlausitz. Seiten 40 bis 57.
Zum Heft 10 mit diesem Beitrag sind bisher 2 Rezensionen erschienen:
Hurra, hurra – wir fahren nach Amerika!
Fassung für die "Dresdner Neueste Nachrichten",
veröffentlicht am 29.10.2018
Vor 180 Jahren war Dresden Ausgangspunkt der spektakulären Auswanderung von 665 sächsischen Altlutheranern unter Führung des Pfarrers Martin Stephan nach Missouri/USA
Unter diesem Titel ist anlässlich des 180. Jahrestages dieser Ereignisse eine Kurzfassung mit den wesentlichen Fakten und Daten zu diesem Thema in der Tageszeitung "Dresdner Neueste Nachrichten" vom 29. Oktober 2018 veröffentlicht worden.
(im PressReader.com: Fußzeile Rubrik 13 Dresden / Heimatgeschichte).
Auf der Suche nach Glaubensfreiheit - Auswanderung von 665 sächsischen Lutheranern aus Dresden nach Nordamerika
Als im Oktober des Jahres 1838, von Dresden aus, eine der wohl größten und spektakulärsten, religiös motivierten Auswanderungsbewegungen nach Nordamerika begann, ahnte wohl keiner, dass diese Bewegung der sogenannten „Stephanianer“ Ausgangspunkt für die heute zweitgrößte lutherische Kirche der USA werden sollte, die „Lutheran Church - Missouri Synod“, mit 2,4 Mio. Mitgliedern.
Geistiger Kopf dieser Bewegung war der Dresdner Pfarrer der böhmischen Exulantenkirche, Martin Stephan (* 13. Aug. 1777 Stramberg in Mähren, † 26. Febr. 1846 Horse Prairie/Illinois USA). Mit seinen wortgewaltigen, vielbeachteten Predigten in der Dresdner Johanniskirche war es ihm seit seiner Amtsübernahme im Jahr 1810 gelungen, weit über die Grenzen Sachsens hinaus bekannt zu werden und eine große Anhängerschaft um sich zu versammeln. Er war leidenschaftlicher Verfechter der Ziele der „Erweckungsbewegung“ und vertrat zu Beginn des 19. Jahrhunderts, einer Zeit des zunehmenden rationalistischen Denkens und der „Entchristlichung“ der Kirche, eine Rückkehr zu alten Werten bis hin zu den Ideen eines Ur-Christentums. Damit traf er den Nerv seiner Zeit. Er erreichte viele der Verunsicherten, denn innerhalb der sächsischen Kirche gab es heftigste Richtungskämpfe, ebenso zwischen Kirche und Staat. Pfarrer Martin Stephan gab in diesen Zeiten Antworten auf Fragen derjenigen, die auf der Suche nach dem wahren Glauben und der ewigen Seligkeit waren. Seine Ansichten standen im Widerspruch zu den Anpassungsversuchen der liberaler werdenden Landeskirche. Es gelang ihm, große Popularität zu erreichen.
Seine Anhänger kamen aus allen Schichten. Die populärsten waren der Minister Detlev Graf von Einsiedel, Baron von Uckermann, Graf Ludwig von Schönburg-Hinterglauchau und Fürst Otto Victor I. von Schönburg-Waldenburg. Diese Herren waren auch seine Förderer, stellten für ihre Pfarreien zunehmend nur noch junge Geistliche als Anhänger seiner Glaubensrichtung ein und unterstützten damit die Verbreitung seiner Ideen, weit über Dresden hinaus: z.B. im Herzogtum Altenburg, im Muldenthal mit den „Muldenthaler Mystikern“, Sachsen-Reuß Ältere Linie und der Preußischen Provinz Sachsen. Mit den revolutionären Dresdner Unruhen 1830 änderte sich die staatliche Situation im Königreich Sachsen und in der Kirche grundlegend. Es kam zum Sturz und zur Amtsenthebung des bisherigen Förderers pietistischer Ideen, des Grafen Detlev von Einsiedel als Kabinettsminister im Sächsischen Ministerium. Mit der Einsetzung des aus Altenburg stammenden liberalen Bernhard August von Lindenau (1779-1854) in dieses Amt veränderte sich die Gesamtsituation durch Reformen und neue Gesetzgebungen grundlegend.
Für konservative Theologen und Anhänger der Erweckten wurde es durch die Einflussnahme des Staates auf das Schulsystem und die kirchliche Agende immer unerträglicher, in der Heimat zu leben, zu arbeiten und ihre Auslegungen ihres lutherischen Glaubens in alter Form zu praktizieren. Die konservativen Kräfte gingen dazu über, sich vermehrt konspirativ zu treffen, auch Pfarrer Martin Stephan mit seinen Anhängern. Bekannt sind von ihm die sehr umstrittenen „Lucubrationen“, nächtliche Versammlungen auch mit weiblichen Anhängern und gemeinsamen nächtliche Buß- und Betstunden in den Weinbergen der Hoflößnitz und im Radeberger Augustusbad bei Liegau. Er geriet in den Verdacht der „Unzucht und Sektiererei“ und wurde nach mehrmaligen Verwarnungen der obersten Kirchenbehörde im November 1837 seines Amtes enthoben. Das sollte für ihn der entscheidende Anlass für die konkrete Planung der Auswanderung mit seinen Anhängern werden.
Als Reiseziel wurde Nordamerika, die Gegend um St. Louis, vorgesehen. Die Ausarbeitungen für eine Auswanderungs-gesellschaft, unter seiner Führung, wurden zum Teil wieder in der Ruhe des „Radeberger Augustusbades“, gemeinsam mit seinen engsten Vertrauten, dem hochangesehenen Rechtsanwalt Dr. Marbach (1798-1860) aus Dresden und dem Königlichen Kurator des Sächsischen Staatsarchivs Dr. Karl Eduard Vehse (1802-1870), durchgeführt.
Mit einem kleinen Kreis wurde eine damals einmalige Strategie und Organisation aufgebaut, die auch heute noch Sozial-Wissenschaftler der USA in Erstaunen versetzt: von der Reiseroute der verschiedenen Gruppen, von Dresden aus auf der Elbe mit Dampfschiffen nach Hamburg, von dort aus als Landgang nach Bremen zur Überfahrt auf 5 Segelschiffen nach New Orleans, zur Weiterfahrt auf dem Mississippi mit Flussbooten nach St. Louis, einer Reiseordnung, einem Kreditfonds, um auch den Unbemittelten die Ausreise zu ermöglichen, der Organisation der Schiffsverträge, Grenzübergänge, Zeitpläne, Gepäckbeförderung bis hin zur Mitnahme einer Bibliothek für eine geplante Schule und der erforderlichen Insignien für die Gründung einer Lutherischen Kirche in der neuen Heimat. An alles wurde gedacht.
Als der Geistliche Martin Stephan im Mai 1838 verkünden ließ: „Es ist soweit…“ begann die Auswahl der Mitreisenden durch die jeweiligen Pastoren in ihren Gemeinden und durch eine Kommission in Dresden. Beachtung fanden dabei die Berufe, Alter, Geschlecht, Glaubensfestigkeit, weniger die materiellen Voraussetzungen. Bereits bis September hatten sich mehr als 700 Ausreisewillige einschreiben lassen. Nicht alle erhielten Pässe von den Behörden. So begann zu den festgelegten Terminen, dem 4., 18. und 28. Okt. 1838, in drei Etappen die Abfahrt von 665 Emigranten. Sie begannen ihre Reise von Dresden aus auf Elbschiffen nach Hamburg. Mehrere Landmädchen aus dem Altenburger Land, die keine Pässe erhalten hatten, waren nach Bremen gelaufen, um sich anzuschließen. Als Letzter stieß Martin Stephan, in Begleitung seines 16-jährigen Sohnes gleichen Namens, zu den Auswanderern. Ende Oktober 1838 war sein, noch in Dresden anhängiges, Gerichtsverfahren von „höchster“ Stelle kurzfristig aufgehoben worden – man wollte den Querulanten los sein. Von Bremen aus wagten alle die Überfahrt nach Nordamerika.
Dieser Reiseabschnitt, auf dem ab November 1838 die Exulanten auf 5 Segelschiffen die Atlantik-Überquerung starteten, zu einer Jahreszeit, wo Kälte, Stürme und hoher Wellengang vorprogrammiert waren, wurde zu einer Zäsur – 10 Exulanten starben auf der Überfahrt an Ruhr, Erkältung und Erschöpfung, darunter mehrere Kleinkinder, 3 Geburten wurden verzeichnet, und das kleinste Schiff „Amalia“ ging mit 56 Passagieren und vielem wertvollen Reisegepäck verloren. Die Überfahrt dauerte zwischen 59 und 64 Tagen. Noch auf der Atlantik-Überquerung, kurz vor der Bucht von New Orleans, wurde der Geistliche Martin Stephan von seinen Pastoren zum Bischof erhoben. Alle mussten eine absolute Verpflichtungs- und Unterwerfungserklärung unterschreiben.
Die 4 Segelschiffe trafen in New Orleans ab 31. Dezember 1838 und im Januar 1839 ein. Registriert wurden hier insgesamt 602 Immigranten, die ziemlich ernüchtert in der so lang ersehnten Neuen Welt und erwarteten Freiheit ankamen. Wiederum in Etappen, begaben sie sich auf den Mississippi zur Weiterreise nach St. Louis, wo die letzte Gruppe am 19. Februar eintraf. Die Passagierlisten der "Olbers" und der anderen 3 Schiffe, die New Orleans errreichten, bieten sehr interessante Details.
St. Louis/Missouri war seit 1800 zu einem beliebten Anlauf- und Siedlungspunkt für deutsche Einwanderer geworden. Der Ort wurde jedoch für die Immigranten aus Sachsen, die bereits einen hohen kulturellen Anspruch besaßen, zu einem absoluten Albtraum - einfachste Holzhäuser, keinerlei Hygiene, Tierkadaver in den unbefestigten Straßen, überall Dreck, Staub, Schlamm, kein Trinkwassernetz, keine Kanalisation, kaum Arbeit, das Wohnen dichtgedrängt in Unterkünften, das Essen überteuert. Krankheiten brachen aus, bereits in den ersten Wochen wurden mehr als 60 Todesfälle registriert (Fieber, Cholera, Typhus, Ruhr, Keuchhusten, Milzbrand). Das Geld in der Kreditkasse schwand bedenklich. Die Gemeinschaft verfügte, dank zahlreicher Spenden, anfänglich über einen Finanz-Fonds von 123.987 Talern in Gold (umgerechnet heute 2 Millionen US-Dollar), die in einer Truhe über den Atlantik transportiert wurden. Ein Kassensturz im Februar 1838 deckte auf, dass die Mittel gerade noch für den Landkauf reichten.
Als zukünftige Heimat wurde der Landkreis Perry County ausgesucht, der landschaftlich der ehemaligen sächsischen Heimat ähnelte.
Das Land in der Größe von 4.475 Hektar kostete 9.234 Dollar und wurde als Kommune-Land erworben. Ende April 1839 brach Bischof Stephan mit einer ersten Gruppe auf, um die angekauften Ländereien in Besitz zu nehmen. Sie fuhren auf dem Mississippi von St. Louis ca. 150 km südwärts und gingen an der Mündung des Brazeau Creek an Land. Später entstand an dieser Stelle der Ort Wittenberg/MO. Etwas weiter westlich, landeinwärts, begannen sie aus dem Nichts, unter katastrophalen Bedingungen und unglaublichen Entbehrungen, einige erste Unterkünfte zu schaffen, aus denen später die Orte Dresden und Altenburg/MO entstehen sollte. Unvorstellbare Opfer wurden gebracht. Bischof Stephan plante in dieser Zeit seinen Bischofssitz auf einer Anhöhe, die heute noch als „Stephansberg“ bekannt ist. Zur Führung der Kommune sah er eine Sekte vor, die er unter seiner Herrschaft abzuschotten und zu beherrschen gedachte.
Während seiner Abwesenheit in St. Louis wurden gegen ihn Missbrauchs- und Unterschlagungsvorwürfe erhoben - eine in der Geschichte Amerikas bekannte und nicht unübliche Verfahrensweise, wenn frustrierte Einwanderergruppen ihre Führer für ihr Unglück verantwortlich machen wollten. Die Kassen waren leer, die Situation schien ausweglos, und obwohl seine Vertrauten bisher ebenso unkontrolliert Zugriff auf die Geldfonds hatten, lastete man ihm die Verluste an. Auch die plötzlich auftauchenden Beschuldigungen der Unzucht und Vorwürfe der Unehrenhaftigkeit erinnerten alle an die einstigen Vorwürfe in Deutschland - sein Ruf war beschädigt.
Seine ehemaligen „Freunde“ und Pastoren bildeten in St. Louis, unter Führung von Pastor Carl Ferdinand Wilhelm Walther (25.10.1811 Langenchursdorf/Sachsen – 7.5.1887 St. Louis/MO), eine Abordnung als Untersuchungskommission, die sich Ende Mai 1839 nach Altenburg/MO zu dem ahnungslosen Bischof Stephan begab, um ein Schuldeingeständnis von ihm einzufordern und ihn abzusetzen. Da er alles leugnete und nichts eingestand, wurde in St. Louis eine aufgebrachte Menge von 300 Mann mobilisiert und auf Dampfern nach Perry County transportiert. Nachdem Bischof Stephan, trotz dieses Druckmittels, nichts zugab, wurde er „verhaftet“, seines Eigentums und seiner Wertgegenstände entledigt und am nächsten Morgen mit einem Boot über den Mississippi auf die gegenüberliegende östliche Uferseite nach Illinois gebracht und ausgesetzt.
Der Ort nannte sich „Teufels Backofen“ - "Devil's Bake-oven". Martin Stephan war 62 Jahre alt, krank und hatte alles verloren. Er war gezwungen, unter unwürdigsten Verhältnissen als Wanderprediger zu leben. Im Herbst 1845 erhielt er, kurz vor seinem Tod, als erster Pfarrer in der neu erbauten „Trinity Lutheran Church“ in Horse Prairie/Illinois eine Anstellung. Am 26. Februar 1846 verstarb er in Red Bud/IL.
Auf seinem Grabstein auf dem Trinity Lutheran Church Cemetery, Red Bud, Randolph County / Illinois wurde er als „Erster Lutherischer Bischof in Amerika“ geehrt, und so blieb er auch im Gedächtnis.
Die nach seiner Absetzung zurückgebliebene Gemeinschaft der Sachsen war nun führungslos und verfiel in eine große Depression - eine Rückkehr nach Deutschland war wegen mangelnden Geldes unmöglich. Man musste mit der Parzellierung und Besiedlung des Kommune-Landes in Perry County beginnen. Bis auf die Wenigen, die in St. Louis blieben, begannen die Immigranten mit der Besiedlung, und es entstanden die Orte Altenburg, Dresden, Frohna, Wittenberg, Seelitz, später noch die Siedlungen Paitzdorf und Johannisburg, alle im US-Bundesstaat Missouri.
Als Führungspersönlichkeit trat zunehmend Pfarrer C.F.W. Walther in Erscheinung. Er zeigte mit seinen Thesen in der berühmt gewordenen „Altenburger Debatte 1841“, im Disput mit dem Juristen Dr. Marbach, überzeugend Wege für die Gemeinde auf, ihre Kirche zu gestalten und ihren Glauben zu leben. Er war der kluge Kopf, der auch bereits 1839 durchgesetzt hatte, dass eine der ersten Blockhaus-Hütten, die in Dresden/MO entstanden, eine Schule mit Hochschulniveau sein musste, um ganz gezielt, neben der Erziehung der Kinder, die Ausbildung von Lehrern und Pastoren absichern zu können
Dieses erste College „Concordia“, in dem Jungen und Mädchen in einem winzigen Raum gemeinsam unterrichtet wurden, ist später mehrmals an andere Orte versetzt worden und ist heute als Concordia Log Cabin College (Altenburg, Missouri) eine Museums-Stätte. Aus dieser Blockhaus-Schule heraus hat sich das heutige berühmte „Concordia Seminary St. Louis“ entwickelt.
Diese Hochschule für Lehrer, Pfarrer, Vikare, Missionare, wurde zum Ausgangspunkt einer bis dahin unvorstellbaren Erfolgsgeschichte der Lutherischen Kirche Missouri, da von hier aus die ausgebildeten Geistlichen in die „deutschen Bundesstaaten“ Missouri, Indiana, Ohio, Illinois und Arkansas zur weiteren Missionierung gesandt wurden. In diesem Gebiet des „mittleren Westen“, bestehend aus neu erschlossenem Farmerland, das erst zwischen 1802 und 1836 den Status von US-Bundesstaaten erhalten hatte, mangelte es an jeglicher Seelsorge und Bildungsmöglichkeit. Außerdem übernahmen die sächsischen Immigranten, nach ihrer eigenen Integrierung, hilfreich die Unterstützung deutscher Neuankömmlinge, die sie in New Orleans und New York in Empfang nahmen und in dünn besiedelte „deutsche“ Gebiete zur Ansiedlung geleiteten. Ein gut funktionierendes Netzwerk entstand, eine Vielzahl starker und später auch finanzkräftiger Gemeinden entstanden, die das Prinzip der Freikirche ermöglichten. Der Pfarrer C.F.W. Walther wurde zur absoluten Leitfigur.
Ab 1844 hatte er eine Zeitung herausgegeben: „Der Lutheraner“. Damit erschlossen sich Kontakte, auch wieder nach Deutschland, wo er anlässlich seiner persönlichen Besuche die Gründung der Freikirche im Jahr 1876 unterstützte (ELFK). Mit diesem „Medium Zeitung“ als Informationsträger war es von nun an möglich, unzählige Gemeinden zu erreichen und diese in Pfarrer-Versammlungen, den Synoden, zusammenzuführen. So entstand, außer einigen anderen Synoden, 1847 die Missouri-Synode, deren Präsident C.F.W. Walther wurde. Nach mehrjährigen Richtungskämpfen setzte sich die Missouri-Synode durch, und die meisten anderen Synoden traten ihr bei. Pfarrer C.F.W. Walther, ab 1850 auch Theologie-Professor, stand bis zu seinem Lebensende 1887 der Trinity Church St. Louis/Missouri (Dreifaltigkeits-Kirche) und der Universität „Concordia Seminary“ vor.
Durch die ehemaligen 665 Altlutheraner, die als Auswanderungsgesellschaft einst unter Leitung von Pfarrer Stephan im Oktober 1838 von Dresden aus ihre Reise nach Missouri/Nordamerika antraten, entstand unter Pfarrer C.F.W. Walther aus Bräunsdorf/Limbach-Oberfrohna, die heute zweitgrößte lutherische Kirche der USA mit 2,4 Mio. Mitgliedern. Pfarrer C.F.W. Walther wird auf Grund seiner Verdienste hoch verehrt und als „Luther Amerikas“ bezeichnet.
Auf den Passagierlisten der Segelschiffe „Copernicus“, „Johann Georg“, „Republik“, „Olbers“ und der untergegangenen „Amalia“, mit denen die Altlutheraner in die ersehnte Glaubensfreiheit in die neue Welt segelten, waren auch viele Bürger aus Dresden und der näheren Umgebung mit ihren Familien verzeichnet. Jüngste Recherchen und Kontakte mit St. Louis und der „Perry County Lutheran Historical Society“ gaben interessanten Aufschluss über deutsche Stammbaumdaten und darüber, dass es immer noch Nachfahren aus diesen Familienstämmen gibt. So finden sich in dem „Deutschen Familienstammbaum / St. Louis-Missouri“ Einträge zu einstigen Auswanderern und ihrer Familienschicksale, wie eines aus Eschdorf stammenden Carl Gottlieb Zeibig, der als Müller und Bauer mit seiner hochschwangeren Frau nach Perry County auswanderte. Bei der Überfahrt über den Atlantik verloren sie ihren zweijährigen Sohn. Oder das Schicksal des aus Grünberg stammenden Schuhmachers Johann Fr. Eduard Schröder, der in St. Louis ab 1839 ansässig wurde.
Die Geschichten zeigen, für viele bewahrheitete sich der Spruch:
Die Kreuzessucht ward Kreuzesfluch(t)
Quellen (Auszug):
Mein besondere Dank gilt
Beachten Sie zu diesem Thema auch den Beitrag aus meiner Serie "Lotzdorfer Impressionen", der sich besonders mit den Aktivitäten Stephans in unserer Region zur Vorbereitung dieser Auswanderungs-Bewegung von 1838 befasst:
Martin Stephan
Spuk im Rödertal oder die Rettung armer Seelen aus (vor) dem Fegefeuer…
Zwischen Spuk und Realität - die Auswanderung sächsischer Lutheraner 1838/39 unter Pastor Martin Stephan führte zur Gründung der Lutheran Church - Missouri Synod unter Carl Ferdinand Wilhelm Walther
Veröffentlicht in "die Radeberger" Nr. 44 v. 4.11.2016, 45 v. 11.11.2016,
Feedback von Familie Ewald, Deutsch-Amerikanischer ARIZONA-Club Dresden, mit der Bitte, den Beitrag an unsere Club-Mitglieder weiterleiten zu dürfen.
Herr Ewald ist Präsident des ARIZONA-Clubs.
Feedback von Frau Angelika M., die sich im Rahmen ihrer eigenen genealogischen Familienforschung mit der Thematik C.F.W. Walther (dessen Mutter Johanna Wilhelmine geb. Zschenderlein zu ihrer verwandtschaftlichen Linie gehört) und der Problematik "Auswanderung..." beschäftigt, hat den ausführlichen Beitrag
"Auswanderung sächsischer Altlutheraner 1838 – Ausgangspunkt für die Gründung der „Lutheran Church – Missouri Synod“ (Teil 1)
in der Zeitschrift "Familie und Geschichte", Heft 2 (2018) gelesen und mir dankenswerterweise einige ergänzende Dokumente zugesandt.